Berliner Leberring e.V. – Selbsthilfe und Informationen zur Porphyrie

2. Porphyrie-Symposium Berlin 2017

Am 14. und 15. Juli 2017 fand in der Berliner Charité – Campus Benjamin Franklin zum zweiten Mal ein großes Symposium zu den Porphyrie-Erkrankungen statt.  Experten aus Deutschland und der Schweiz berichteten unter der Leitung von Prof. Rajan Somasundaram von der Charité, Campus Benjamin Franklin und Prof. Ulrich Stölzel vom Porphyriezentrum am Klinikum Chemnitz über neue Erkenntnisse zur Diagnose und Therapie dieser seltenen Erkrankungen.

Ärztefortbildung zu Porphyrie-Erkrankungen

Der erste Tag diente in erster Linie der Ärztefortbildung, aber auch viele Betroffene kamen zu den Vorträgen.

Hier wurden unter anderem die verschiedenen Formen der Porphyrie vorgestellt. Prof. Ulrich  Stölzel  erläuterte die acht Stufen der Häm-Synthese – je nachdem,  bei welchem der beteiligten Enzyme eine Störung auftritt, kann sich eine bestimmte Porphyrie-Erkrankung entwickeln.

Dr. Thomas Stauch vom Labor Volkmann in Karlsruhe stellte die Diagnose-Möglichkeiten dar. Im Blut, Stuhl oder Urin können Porphyrine und Porphyrinvorläufer gemessen und analysiert werden und Aufschluss über die Porphyrieform geben. Eine Genanalyse sei im akuten Fall nicht hilfreich , so Dr. Stauch. Sie könne lediglich eine Veranlagung für eine Porphyrie anzeigen, aber nicht, ob die Krankheit aktiv ist. Eine Genanalyse wird jedoch zur Erkennung einer Porphyrie-Veranlagung der Familienmitglieder empfohlen.

EPP – Wenn die Haut betroffen ist

Prof. Elisabeth  Minder, die eine Porphyrie-Sprechstunde am Stadtspital Triemli in Zürich leitet, informierte über Hautprobleme bei Porphyrie-Erkrankungen. Bei der Erythropoetischen Protoporphyrie (EPP) leiden die Betroffenen schon als kleine Kinder unter einer extremen Lichtempfindlichkeit mit Brennen, Jucken und Schmerzen. Das Medikament Afamelanotid wurde in Zürich und anderen Kliniken im Rahmen von Studien schon mit großem Erfolg eingesetzt. Eine Kostenübernahme muss jedoch immer einzeln mit der Krankenkasse geklärt werden.

Bei  Personen, die an der Porphyria cutanea tarda erkrankt sind, treten die Hautsymptome meist erst später auf. An dem Sonnenlicht ausgesetzten Körperpartien können Blasen und Narben entstehen. Die Haut wird dort extrem verletzlich.

Prof. Martin Siepmann vom Klinikum Bad Neustadt berichtete über den Einsatz von Cimetidin und INH zur Behandlung von Porphyrie-Erkrankungen. Beide Mittel erwiesen sich im Laufe der Zeit als  mäßig wirksam.

Die Krankheit aus Patientensicht

Nach einer kurzen Pause führte Prof. Somasundaram ein Gespräch mit einer Porphyrie-Patientin. Es  sei wichtig, dass Mediziner auch etwas über die Krankheit aus der Perspektive des Patienten wissen, betonte er.

Anschließend berichtete er vom internationalen Pophyriekongress, der kürzlich  in Bordeaux stattfand. Dort wurde neben der Behandlung von  EPP-Patienten mit Afamelanotid auch ein neues Medikament gegen akute hepatische Porphyrien vorgestellt, das bereits in Phase1-Studien erprobt wurde.

Dr. Matthias Elsner von der Neurologischen Klinik, Klinikverbund Bremen berichtete über die Möglichkeiten der Frührehabilitation, z.B. für Patienten, die einen schweren Schub der Akuten intermittierenden Porphyrie erlitten haben – mit Folgen wie z. B. Lähmungen.

Arzt-Patienten-Seminar

Am 15.7. stand die Information der Patienten im Mittelpunkt. Auch dieser Tag wurde mit einem Vortrag  von Prof. Ulrich Stölzel  eingeleitet, in welchem die Häm-Biosynthese verständlich erklärt und die verschiedenen Porphyrieformen voneinander abgegrenzt wurden.

Die Molekularbiologin  Dr. Jasmin Barman-Aksözen leidet selbst an EPP und  arbeitet im Institut für Labormedizin im Stadtspital Triemli in Zürich. Sie kennt ihre Erkrankung also von zwei Seiten. Sie erläuterte die biologischen Grundlagen der Krankheit, berichtete aber auch über ihre eigenen Erfahrungen. Bereits als kleines Kind litt sie in der Sonne an unerträglichen Schmerzen, aber eine Diagnose erhielt sie erst als Erwachsene. Das Medikament  Afamelanotid, das die Haut bräunt und widerstandsfähiger gegen Sonnenstrahlen macht, ermöglicht es ihr jetzt, ein weitgehend „normales“ Leben zu führen und auch, in die Sonne zu gehen.

EPP: Sonnencreme hilft nicht

Privatdozent Dr. Karsten Weller erklärte, warum handelsübliche Sonnenschutzmittel EPP-Patienten nicht helfen: Die Patienten reagieren nicht auf das UV-Licht, sondern auf das sichtbare Licht, speziell auf die blauen Anteile. Davor kann bislang keine Creme schützen,  PD Weller empfiehlt möglichst schwarze, lichtundurchlässige Kleidungsstücke.

Viele Porphyrie-Patienten leiden unter Unruhe und Schlaflosigkeit. Aber auf viele Medikamente,  auch auf pflanzliche Mittel, reagieren sie häufig mit Beschwerden. Privatdozentin Dr. Maria-Christiane Jockers-Scherübl, Chefärztin der Abteilung Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik an den Oberhavel Kliniken, gab einen Überblick, welche Präparate geeignet sein können. Bei den pflanzlichen Mittel waren dies z. B. Präparate aus Lavendelöl.

Der lange Weg zum Medikament

Prof. Minder aus Zürich berichtete, wie sie die Entwicklung und Erprobung des Medikaments Afamelanotid auch durch ihr persönliches Engagement unterstützt hat. Hierbei wurde deutlich, wie lange der Prozess vom Wirkstoff bis zum zulassungsfähigen Medikament dauern kann. Immer noch ist das Präparat in fast allen europäischen Ländern nicht frei zugänglich.

Patienten müssen ihre Krankheit kennen

Zum Schluss der Veranstaltung betonte Prof. Somasundaram, wie wichtig es ist, dass die Betroffenen selbst über ihre Krankheit informiert sind und genau wissen, an welcher Form der Porphyrie sie leiden, damit sie diese Informationen gegebenenfalls auch an ihre Ärzte weitergeben können.