Berliner Leberring e.V. – Selbsthilfe und Informationen zur Porphyrie

Medikamente bei Porphyrie

Viele Medikamente können auf den Stoffwechselweg der Häm-Biosynthese Einfluss nehmen können. Somit sind diese bei akuten hepatischen Porphyrien auch potentielle Auslöser eines akuten Porphyrieschubes.
Was vielen Ratsuchenden bereits bekannt ist: Es gibt vorhandene Medikamentenlisten für Porphyrie-Betroffene. Hier ist es nicht immer leicht, eine verlässliche Liste zu finden. Diese Listen sind jedoch in jedem Fall eher als Anhaltspunkt zu sehen.

Jeder Patient reagiert anders auf die entsprechenden Medikamente. Es kann durchaus sein, daß ein Medikament, das auf der Liste mit einem hohen Risiko für einen Porphyrieschub eingestuft ist, von dem einen Patienten gut vertragen wird.
Ebenso kann es sein, dass ein als (eher) sicher eingestuftes Medikament bei dem entsprechenden Patienten einen Schub auslöst.

Dadurch kann es schwierig werden, für Beschwerden und Erkrankungen, die nicht mit der Porphyrie zusammenhängen, ein geeignetes Medikament zu finden. Für die Suche nach einem sicheren und wirksamen Medikament empfehlen wir, ein paar wichtige Punkte zu beachten.

 

Kontrolle des Beipackzettels

Bei neu einzunehmenden Medikamenten, aber auch bei Medikamenten, die das letzte Mal vor der Diagnose „Porphyrie“ verwendet wurden, sollte immer vorher einen Blick in den Beipackzettel geworfen werden. Sofern bekannt ist, dass das Medikament akute Porphyrieschübe auslösen kann, ist auf dem Beipackzettel ein entsprechender Hinweis vermerkt. Häufig ist dieser der Überschrift „Was sollten Sie vor der Einnahme von Präparat XYZ beachten?“ zugeordnet.

Überschrift 'Was sollten Sie vor der Einnahme beachten' im Beipackzettel für Medikamente

Dort wird sich dann z.B. ein solcher Hinweis finden:

Erwähnung der Porphyrie im Beipackzettel für Medikamente

Ebenso kann sich bei „Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen“, aber auch bei der Auflistung von möglichen Nebenwirkungen ein solcher Hinweis finden.

Wenn der Beipackzettel einen solchen Vermerk zur Porphyrie enthält, ist sorgfältig abzuwägen, ob ein anderes Präparat gewählt werden kann, oder ob das Risiko einer Einnahme einzugehen ist. Hierbei ist es in jedem Fall ratsam, sich eine ärztliche Meinung einzuholen.

 

Medikamentenlisten

Einen Überblick über Medikamente und Wirkstoffe, die als sicher oder risikobehaftet gelten, bieten spezielle Medikamentenlisten.
Es gibt mehrere Listen mit Medikamenten, die porphyrieauslösend oder sicher sein können. Von Medizinern häufig verwendet wird die Rote Liste, welche nur potenziell auslösende Medikamente enthält. Für die hepatischen Porphyrien bestehen auch weitere von spezialisierten Ärzten über die Jahre zusammengestellte Listen mit gefährlichen, aber auch mit als sicher geltenden Medikamenten.

Einige dieser Listen sind inzwischen auch online für alle zugänglich.
Darunter beispielsweise eine Liste von Wirkstoffen, die bei akuter hepatischer Porphyrie als unbedenklich gelten. Die Namen einzelner Medikamente können jedoch von den Wirkstoffnamen abweichen.

Wird bei einer spezifischen gesundheitlichen Beschwerde, die nicht mit der Porphyrie zusammenhängt, ein sicheres Medikament gesucht, kann auf das Merkblatt Arzneimittel bei akuten Porphyrien des Stadspitals Triemli in Zürich zurückgegriffen werden.

Die British Porphyria Association veröffentlicht jedes Jahr eine Liste mit sicheren Medikamenten. Diese werden in Englischer Sprache ein Mal alphabetisch und ein Mal in Zuordnung zu einem spezifischen Symptom oder einer Erkrankung aufgeführt. Sie finden die Liste von 2018 in unserem Bereich Flyer zum Herunterladen.

Listen bieten oft eine große Hilfe. Wir bitten jedoch jeden, bei Listen aus dem Internet die Vertrauenswürdigkeit der Webseite und das Erstellungsdatum der Liste zu prüfen.

 

Medikamenten-Datenbank mit Suchfunktion

Seit 2007 wird am Norwegischen Porphyrie-Zentrum NAPOS an einer Datenbank gearbeitet, in der Medikamente nach ihrem eine akute Porphyrie auslösenden Potential eingestuft werden:
http://www.drugs-porphyria.org/

Dort sind mehr als 1000 Substanzen gelistet. Die Datenbank ist in Norwegisch, Schwedisch und Englisch verfügbar. Die englische Datenbanksuche ist unter diesem Link zu finden:
http://www.drugs-porphyria.org/languages/UnitedKingdom/selsearch.php?l=gbr

Dort kann direkt nach einem Präparat oder Wirkstoff gesucht werden. Die Einstufung erfolgt nach verschiedenen Klassifikationen:
Klassifikationen für Medikamente bei NAPOS

Für die Suche nach einem Medikament wird das Suchfeld „Trade Name“ verwendet. Bei der Suche nach einem Wirkstoff benutzt man das Feld „Generic Name“.

Nicht alle Medikamente können unter dem in Deutschland bekannten Namen in der Datenbank gefunden werden. Wenn eine Suche nach einem Medikament zu keinem Ergebnis kommt, sollte nach Wirkstoff aus dem Medikament gesucht werden. Wirkstoffe eines Medikaments sind in den Beipackzetteln aufgeführt. Häufig sind sie auch auf der Verpackung eines Medikaments vermerkt.

Dennoch kommt es vor, dass ein Medikament oder ein Wirkstoff gar nicht in der Datenbank geführt wird. Manche Suchergebnisse sind in der Datenbank vorhanden, aber als „not yet classified“ – nicht klassifiert – grau hinterlegt. In beiden Fällen sollte man vor der Einnahme erst versuchen, auf anderem Wege Informationen zur Sicherheit des Medikaments zu bekommen. Dazu kann auch ein Spezialist zu Rate gezogen werden. Alternativ sollte auf ein anderes Medikament zurückgegriffen werden.

Bei Orange oder sogar Rot hinterlegten Medikamenten ist eine Einnahme ohne gleichzeitige medizinische Überwachung oder andere besondere Vorsichtsmaßnahmen gefährlich. Bei Gelb und Grau hinterlegten sowie nicht gelisteten Medikamenten sollte eine Einnahme gut überlegt sein.

 

Naturheilmittel und Heilkräuter

Bei vielen Medikamenten ist eine schubauslösende Wirkung bekannt. Gleichzeitig sollte man aber auch im Hinterkopf behalten, dass auch bestimmte Heilkräuter einen Porphyrie-Schub auslösen können. Entscheidend ist hier nicht die Naturbelassenheit eines Medikaments, sondern dessen Effekt auf den Leberstoffwechsel. Vorsicht ist zum Beispiel bei Johanniskraut oder sogenannten „Schwedenkräutermischungen“ geboten.
Schließlich ist auch zu berücksichtigen, dass bestimmte Lebensmittel, die unter normalen Umständen als gesund gelten, Prophyriesymptome verstärken oder Attacken auslösen können. Allgemein wird von dem Verzehr von Knoblauch, Grapefruit und Sauerkraut abgeraten. Allerdings sind auch Reaktionen auf bestimmte Lebensmittel nicht in Stein gemeißelt, sondern von Betroffenem zu Betroffenem unterschiedlich. Während die einen auf weitere Lebensmittel verzichten, bereitet anderen der gelegentliche Genuss dieser Lebensmittel keine Probleme.

 

Was nach der Einnahme eines neuen Medikaments zusätzlich beachtet werden sollte

Stellt man nach Einnahme eines Medikamentes in zeitlicher Nähe den Ausbruch eines Krankheitsschubes fest, sollte man dieses Medikament für sich auf die Liste der potentiell gefährlichen Präparate setzen. Die aufgetretene Nebenwirkung sollte man über die entsprechenden Stellen melden. Dies können Arzt oder Apotheker oder direkt das Bundesamt für Arzneimittel- und Medizinprodukte sein. Die entsprechende Adresse sollte sich auch in dem betreffenden Beipackzettel finden.

Ebenso empfiehlt es sich, eine Liste mit den für sich selbst sicheren Präparaten zu führen und auch eine Liste der Präparate, die bei einem selbst vielleicht (oder auch sicher) schon einen Schub ausgelöst haben. Diese Liste kann im Fall einer ärztlichen Behandlung verhindern, daß immer wieder das einen Schub auslösende Präparat verordnet wird.

Eine gute Möglichkeit ist auch, alle Beipackzettel von jemals eingenommenen Medikamenten in einem Ordner zu sammeln und nach sicheren und unsicheren/gefährlichen Präparaten zu ordnen. Dazu am besten auf jedem einzelnen Beipackzettel vermerken, wie man das entsprechende Medikament vertragen hat. Sinnvolle Ergänzungen sind zudem noch die Einnahmedauer, die Zeit und der Grund der Einnahme. Somit erhält man mit der Zeit eine genaue Übersicht über mehr und mehr Präparate, mit deren Hilfe dann die Auswahl zukünftiger Medikamente einfacher wird. Diese Sammlung sollte dann auch z.B. im Falle eines Krankenhausaufenthaltes mitgeführt werden, um die Gabe von porphyrieauslösenden Medikamenten zu verhindern. Oft wissen behandelnde Ärzte wenig über den Umgang mit AHP-Patienten und welche Vorsichtsmaßnahmen zu beachten sind.

Wenn die Porphyrie erst seit kurzem bekannt ist, kann auch in der ersten Zeit bei Arztbesuchen, Krankenhausaufenthalten oder beim Kauf von Medikamenten eine Liste mit als sicher geltenden und schubauslösenden Medikamenten oder Wirkstoffen mitgenommen werden.